erschienen im Hamburger Abendblatt am 2. September 2011

Jetzt bin ich mir nicht mehr so ganz sicher, ob ich in das Klagelied über den verregneten Sommer weiterhin mit einstimmen sollte. Es gab da nämlich ein Gespräch. Das war ein Gespräch mit einem lieben und männlichen Kollegen, dem ich bislang so ohne weiteres nicht zugetraut hätte, ein gefühlsschwangeres Wort in den Mund zu nehmen – dieses Wort lautet Sehnsucht!

Ja, er bekannte sich, Sehnsucht zu verspüren. Es geschah wie gesagt im Zusammenhang mit einem Gespräch über den verregneten Sommer. Das hätte mich stutzig machen sollen, ich weiß. Denn er sprach nicht von Sehnsucht nach der Sonne, nach der Liebe, nach all so schönen Dingen – er sprach von der Sehnsucht, nun doch endlich einmal den Rasen mähen zu können! Sie haben richtig gelesen: Ein Mann redet von der Sehnsucht danach, endlich wieder einmal seinen Rasen mähen zu können.

So weit hat es der verregnete Sommer gebracht. Er bringt unsere Männer zum sehnsuchtsvollen Träumen danach, ihren Pflichten in Sachen Gartenarbeit nachkommen zu können. Sonst – ich erinnere mich – haben sie das eher von sich gewiesen und nicht mit Hochstimmung und Sehnsucht reagiert, wenn es darum ging, dem heimischen Rasen ein stets schön rasiertes Äußeres zu gewährleisten.

Frauen, wollen wir ein Fazit ziehen? Wollen wir in ein Loblied auf den verregneten Sommer ausbrechen und uns über diese neuen Gefühlsausbrüche unserer Männer freuen? Sie meinen, es sei nur einer gewesen, das gelte nicht für alle? Na ja, irgendwie sind sie doch alle gleich…