erschienen im Hamburger Abendblatt am 18. März 2011

Da liegt es, das Geschenk. Es kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich kann es nicht wirklich einordnen. Hübsch ist es, das ist zweifelsfrei. Ich mag es. Aber wieso kommt es mir so bekannt vor. Die Gedanken daran schiebe ich zur Seite. Wahrscheinlich habe ich ein ähnliches Teil in irgendeinem Geschäft gesehen, es hat mir gefallen und nun erinnere ich mich daran. Das wird es sein.

Dann kommt mein Mann. Er hat ein exzellentes Gedächtnis und hat mich damit schon so manches Mal überrascht. Er schaut sich das Geschenk an und lacht. Wieso lacht er? „Ich kenne es!“, meint er und lacht noch immer. Dann gehen wir gemeinsam auf eine Erinnerungsreise, die uns einige Jahre zurück führt und plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Dieses Geschenk haben wir Freunden vor Jahren gemacht, ein schönes Geschenk. Sie haben sich sehr darüber gefreut damals, aber da sie immer sehr viele Geschenke bekommen, ist es wahrscheinlich verpackt und wohl behütet in einem Schrank gelandet und hat vor sich hin gedöst. Jetzt bin ich mir sicher: Geschenke können dösen! Nun ist es zurück!

Eigentlich ist das nicht schlimm, überlege ich mir, ein wenig skurril, aber nicht schlimm. Wie viele Geschenke wohl auf diese Weise in den Kreislauf des Schenkens eingebracht werden? Sollte man erwarten, dass Freunde sich daran erinnern, von wem sie etwas geschenkt bekommen haben? Peinlichkeitsgefühle könnten aufkommen. Nicht bei mir. Ich treibe die skurrile Erklärungsweise weiter: Wenn ein Geschenk von mir so wenig den Geschmack des Beschenkten getroffen hat oder den Bestand an für ihn unnützen Dingen noch mehr erhöht hat, dann darf es gerne zu mir zurück kommen, sozusagen auf Heimaturlaub gehen und bleiben.

Wir werden natürlich nicht darüber reden. Das tut man nicht. Ich habe mich auch brav bedankt und zugestimmt als ich gefragt wurde, ob das Geschenk denn gefallen habe. Es hat. Ich hatte es ja vor Jahren selbst ausgesucht…