Carlheinz Hollmann, Journalist, Moderator, Autor, Medienmanager
Text und Fotos: Johanna Renate Wöhlke

Luhmühlen – “Geheimnisvolle, unter der S-Bahnlinie zu verschiedenen Orten hin verlegte Schnüre haben gestern die Polizei in Klein Flottbek in Atem gehalten. Erste Vermutungen einer geheimdienstlichen oder konspirativen Aktion bestätigten sich nicht. Vielmehr ermittelte die Polizei einen jugendlichen Bastler als Verursacher. Um mit seinen Freunden in Verbindung zu bleiben und mit ihnen kommunizieren zu können, hatte er die Telefonschnüre vom Haus seiner Eltern aus verlegt. Auf Anfragen der Polizei teilte der Jugendliche Carlheinz H. mit, dass er sich unter anderem mit solchen Aktionen auf sein angestrebtes Berufsziel eines Rundfunkreporters vorbereiten wolle. Dafür sei es nämlich unabdingbar wichtig, mit anderen im Gespräch zu bleiben.” So oder ähnlich könnte es sich im Radio angehört haben oder in der Zeitung zu lesen gewesen sein, damals in den vierziger Jahren, als der Jugendliche Carlheinz Hollmann sich spielerisch und doch schon so ernsthaft, systematisch und konkret mit etwas beschäftigte, ohne das die moderne Welt unvorstellbar geworden ist: Kommunikation durch Medien.

Solange er denken kann, wollte er zum Rundfunk. Verbindungen aufbauen, kommunizieren, neugierig sein, berichten – das war sein Ding! Diese neue Welt war im Aufbruch, und er wollte dabei sein. Während des Krieges fummelt er Zuhause mit den Frequenzen der Radiosender und findet den Luftlagesender. Dann tut er etwas, was heute mit dem modernen Wort “Serviceteil” in den Medien erscheint: Je nach Meldungslage versorgt er seine Klassenkameraden zum Beispiel mit Informationen darüber, ob wegen befürchteter Luftangriffe die Schule ausfällt oder nicht.

Nach dem Krieg, 1947, als Schüler des Christianeums in Othmarschen, kann ihn auch das rigorose Urteil seines alten Deutschlehrers nicht erschüttern. Der ertappt ihn beim Radio hören mit einem von einem Engländer geschenkten, transportablen Röhrenradio und wettert empört: “Rundfunk ist ein Werk des Teufels!” Ob der alte Studienrat das auch schon von dem “Fliegenden Hamburger” gesagt hatte? Mit diesem Zug spielte der kleine Carlheinz Hollmann nämlich begeistert als kleiner Junge. Der “Fliegende Hamburger” war 1933 der schnellste Zug der Welt. Da ist der kleine Carlheinz gerade drei Jahre alt. Der Zug bewältigt die Strecke Hamburg-Berlin in 2 Stunden und 21 Minuten, fährt eine Geschwindigkeit von 125,6 Kilometern in der Stunde.

Carlheinz Hollmann erinnert sich an seine Märklin-Eisenbahn und daran, wie total er von allem anderen abschalten konnte, wenn er sich mit ihr und der Strecke beschäftigte. “Ich war wie weggebeamt”, sagt er. Heute noch zieren wenige Lokomotiven und Züge sein Büro. Auch Schiffe faszinierten ihn. Modelle besitzt er noch heute. Verbindungen schaffen im kleinkindlichen Spiel durch Bahnen und Schiffe, dann durch Kommunikation – nahtlos zieht sich dieser rote Faden durch das Leben von Carlheinz Hollmann.

Dieses Modell des Fünfmastvollschiffes
“Preussen” der Hamburger Laiß-
Reederei hat Hollmann besonders gern.
Das Schiff ging 1910 im englischen
Kanal verloren.

Er gibt zwar dem Vater, einem Hamburger Kaufmann, nach und macht nach der Schule eine zweijährige kaufmännische Lehre, aber die 250 Mark Anfangsgehalt nach dem Abschluss reizen ihn nicht. Er will Rundfunkleute kennenlernen. Und er lernt sie durch einen Trick kennen. Er meldet sich zu einer Grußsendung, die damals aus der Rothenbaumchaussee auf Kurzwelle übertragen wurde, um seinen Bruder Horst zu grüßen. Er verschweigt, dass sein Bruder sich nicht in der Nähe Hamburgs, sondern gerade in Pakistan aufhält und seine Grüße also bestimmt nicht empfangen kann. Aber – er hat seinen Auftritt und lernt Leute kennen, die großen Kollegen der ersten Stunde. Er bekommt eine Chance und hospitiert für ein halbes Jahr vom 1.Februar 1953 an. Aus Spiel ist endlich Ernst geworden.

Durch Zufall kommt er an seine erste Reportage und die ersten verdienten 50 Mark: Auf dem Nachhauseweg über die zugefrorene Alster sieht er, wie ein englisches Kurierflugzeug auf der Alster notlandet. Er berichtet darüber. In seiner zweiten Reportage berichtet er über Termiten in Altona, die von Seeleuten eingeschleppt worden waren. Hamburg bleibt sein Thema. Nur drei Jahre später holt Werner Baecker ihn in das gläserne Studio der Schaubude. Dort lernt er durch ein Interview 1957 auch seine Frau Gerti kennen, die damalige Miss Germany. Erst lehnt er es ab, sie zu interviewen, dann tut er es doch und ist schließlich genauso beharrlich im Erobern seiner Frau, wie er es im Verfolgen seiner beruflichen Ziele war: er steigt ihr nach, überrascht sie mit Geschenken und Aufmerksamkeiten. Im nächsten Jahr feiern beide ihren vierzigsten Hochzeitstag.

Spielen heute? Gerti und Carlheinz Hollmann verneinen. Die Kinder sind groß. Sie sind inzwischen ein berufliches Team im Rahmen ihrer Firma. Die Organisation des Hafengeburtstages, des Alstervergnügens, zahlreicher Galas und Veranstaltungen gestalten ihr Leben turbulent, verbinden Spiel und Ernst, erfordern Neugier, psychische Präsenz, Offenheit und – wie könnte es anders sein: immer und immer wieder Kommunikation!

Aus dem kleinen Blechmodell des
“Fliegenden Hamburgers” aus
Kindertagen zieht Hollmann einen alten
Zeitungsartikel aus dem Jahre 1982
über den Zug, erschienen am
15. Dezember im Hamburger
Abendblatt

(Der Artikel ist am 25. Februar 1997 im Hamburger Abendblatt/Harburger Rundschau erschienen)

Carlheinz Hollmann ist am 4. Mai 2004 verstorben.

 

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