erschienen im Hamburger Abendblatt am 4./5. Juni 2011

Von Johanna R. Wöhlke

Leitender Vorarbeiter André Buchholz vor dem riesigen Informationsschild am Eingang.

Es gibt immer wieder neue regionale Beispiele für gelungene funktionale Architektur, die dem Bürger im öffentlichen Raum originell und schön begegnet. Das kann auch bei einem Profanbau wie einem Recyclinghof der Fall sein – wie in dem unten aufgeführten Beispiel des neuesten Recyclinghofes der Stadtreinigung in Hamburg, im Hamburger Stadtteil Neugraben im Süden der Stadt. Dort macht eine Rotunde die Müllentsorgung zu einer „runden Sache“. Ein Grund, ein überzeugendes Stück funktionaler Architektur für den Bürger vor Ort vorzustellen.

 

Recyclinghof Neugraben ist eine runde Sache.

Kunden kommen sich an im Kreis angeordneten Müllcontainern nicht ins Gehege

So weit das Auge reicht nur Felder und Wiesen, blauer Himmel, in der Ferne das Alte Land und die Elbe, Vögelgezwitscher, Hunde an der Leine beim friedlichen Auslauf mit Herrchen und Frauchen im Schlepptau.

Henry Ockelmann empfängt die Besucher.

“Im Aschenland” ist es schön und doch findet sich hier auch der ideale Platz südlich der Elbe, um sich seiner Altlasten zu entledigen. Die Rede ist vom neuen Recyclinghof der Stadtreinigung Hamburg in der Straße „Im Aschenland“ in Neugraben. Er ist ein Beispiel dafür, zu welch überzeugenden Ergebnissen planerische Kreativität auf zehntausend Quadratmetern kommen kann, wenn sie sich mit praktischen Bedürfnissen und Erfordernissen auseinandersetzt, wie sie dem Bürger die Müllentsorgung fast schon zum Vergnügen werden lassen.

André Buchholz, leitender Vorarbeiter im Aschenland, spürt man die Freude über diesen neuen Standtort ab, der im Februar eröffnet worden ist. Was ist nun das besondere, das besonders Gute und Schöne – an einem Recyclinghof, an diesem Recyclinghof? Die Antwort ist einfach: Er ist nun mal eine vollkommen runde Sache! Er ist eine runde Sache im wahrsten Sinne des Wortes, weil als riesige Rotunde konzipiert.

Der Besucher wird an der Einfahrt empfangen, zum Beispiel wie ich von Henry Ockelmann. Er steht vor dem roten Wärterhäuschen, davor das Schild „Stadtreinigung Hamburg Kasse“, das dem Besucher schwarz auf weiß verdeutlicht, dass er hier halten sollte. Außerdem signalisieren der dicke weiße Strich auf der Fahrbahn und die Aufschrift „STOP“, dass hier gehalten werden muss. Man hält.

Im bekannten Orangeoverall mit zwei schwarzen Taschen um den Körper nähert sich Henry Ockelmann, und nun beginnt der Service der Stadtreinigung, gepaart mit – wie könnte es anders sein – dem unvermeidlichen Hinweis darauf, dass für bestimmten Müll eine extra Gebühr fällig wird: für Grünabfälle 50 Cent pro 100 Liter, für Bauschutt 9,20 Euro pro 100 Liter, für Altreifen 3 Euro pro Stück, Hausmüll 3 Euro pro 120 Liter und für Altöl bis sieben Liter 3 Euro.

Damit aber noch nicht genug. Es folgt auch ein genauer Hinweis darauf, in welchem Container der mitgebrachte Müll zu entsorgen ist und wo auf dem Gelände der sich befindet. Alle Container sind nummeriert – es gibt über zwanzig –  einmal in die „Umlaufbahn“ um die Rotunde einschwenken und an der entsprechenden Stelle von der äußeren Fahrbahn in den mittleren Ladestreifen wechseln, dort vor der Fußgängermarkierung anhalten. So geht es weiter. So haben sie alle ihre sichere Fahrbahn: die ankommenden und abfahrenden Autos, die Entladenden und die Fußgänger.

Der Müll wird zur Mitte in die in die Rotunde abgesenkten Container entsorgt. Kein Recken und Strecken, kein Abmühen und Jonglieren mit zu hebenden Gegenständen. Siebzehn dieser riesigen 35 Kubikmeter-Container stehen bereit, um den Müll aufzunehmen. Hat der Besucher seinen Müll entsorgt, verlässt er das Gelände auf derselben Fahrbahn weiter in Richtung Ausfahrttor. Durch die getrennten Tore: Einfahrt und Ausfahrt für die Besucher und die Zufahrt zur Mitte der Rotunde zum Abtransport der gefüllten Container ist immer ein reibungsloses Miteinander garantiert. Der Recyclinghof muss nicht geschlossen werden, während die riesigen Laster rangieren müssen, wenn sie die vollen Container abholen.

Robert Aust ist aus Finkenwerder gekommen, um Müll zu entsorgen, Altmetall und Holz: „Ich bin Rentner und helfe meinem Sohn“, erzählt er und André Buchholz weiß zu berichten, dass viele ältere Menschen hierher kommen, auch viele ältere Paare gemeinsam. Die vielen Einfamilienhäuser im Umkreis bilden das Haupteinzugsgebiet. Da gibt es im Frühling und Herbst „Highlife“ mit Grünabfällen und Laub. Das ist dann auch  Highlife für die 6 Mitarbeiter, Öffnungszeiten montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr, am Sonnabend von 8 bis 14 Uhr.

Die Baggerschaufel zerkleinert das Holz schon im Container.

Bürgernah und bürgerfreundlich, das ist der neue Recyclinghof und außerdem praktisch und originell, architektonisch ansprechend und von der Lage her sicherlich nicht in Gefahr, seinen Platz irgendwann einmal räumen zu müssen. Müll und Problemstoffe problemlos zu entsorgen, das ist hier möglich.

 

Fotos: Johanna R. Wöhlke

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