Archive for November, 2013


Von Johanna Renate Wöhlke

Herbst

Es ist der 14. November 2013. Es ist in Hamburg. Ich kann sogar genau sagen, wo in Hamburg: zwischen dem Hauptbahnhof und der Bushaltestelle Gurlittstraße in der Langen Reihe, im Bus der Buslinie 6.

Die Sonne scheint durch die Wolken. Es gibt freie Stellen am Himmel, Wolkenlöcher in einer weißgrauen zerfaserten Wolkendecke. Kein Regen, kein Schmuddelwetter, kein Sturm, noch nicht einmal Wind.

Ich komme mit der S-Bahn am Hauptbahnhof an. Es herrscht Gewimmel. Ich denke an die sechs Millionen Touristen jährlich in Hamburg, als ich Menschen in den Bus für Stadtrundfahrten einsteigen sehe. Sie werden jetzt bequem sitzend durch meine Stadt gefahren und sie dabei kennenlernen. Schön für Hamburg, schön für die Touristen.

Klassische Musik im Ohr, die die Junkies fernhalten soll, begleitet mich auf dem Fußweg von der S-Bahn quer über den Bahnhofsvorplatz zum Zebrastreifen an der Ampel. Ich muss auf die andere Straßenseite. Die Richtung kenne ich. So gehe ich auch immer, wenn ich von der S-Bahn kommend zum Schauspielhaus gehe.

Neben mir unterhalten sich in gutem Deutsch zwei junge Männer, die türkischer Abstammung sein könnten. Eine alte Frau zieht einen alten schwarzen Pudel hinter sich her. Eine junge Frau schiebt eine rote Kinderkarre, aus der ihr ein Kind quietschvergnügt einen Keks entgegenhält.

Jetzt warten wir alle an der roten Ampel. Dann zeigt die Ampel grün. Wir gehen über die Straße. Unsere Wege trennen sich. Meiner führt nach links zur Bushaltestelle. Dort werde ich in einen Bus der Linie 6 steigen, um weiter in die Lange Reihe zu fahren.

Eine Karte habe ich schon, also steige ich ein und gehe am Fahrer vorbei nach hinten durch. Viele Fahrgäste steigen ein. Da ich an der nächsten Haltestelle wieder aussteigen muss, bleibe ich vor der Mitteltür des Doppelbusses stehen. Dicht drängen sich hier nun die Fahrgäste. Eine Frau im Rollstuhl mitten unter ihnen.

Auf der linken Sitzbank vor der Tür sitzt am Fenster ein älterer Mann und neben ihm am Gang ein junger Mann. Während ich mich gerade an der Stange festhalten will, weil der Bus anfährt, kreuzen sich unsere Blicke. Wir lächeln uns an. Ich denke: Ein gut aussehender und freundlicher junger Mann. Er hat schwarze Haare und tiefbraune Augen, ein wirklich bezauberndes Lächeln. Woher er wohl kommen mag? Ach Jugend, denke ich…

In diese Gedanken hinein höre ich ihn sagen: „Darf ich Ihnen meinen Platz anbieten? Bitteschön!“ Er sagt wirklich: Darf ich ihnen meinen Platz anbieten!

„Das ist nett von ihnen, vielen Dank!“

Darüber hinaus sprachlos setze ich mich hin.

Es war das erste Mal. :)

Die Bilder

Blick 1

Blick 2

Blick 3

Blick 4

Blick 5

Blick 6

Blick 7

Christa Krohne-Leonhardt ( rechts) und Johanna Renate Wöhlke

Etwa 85 Gäste besuchten unsere Vernissage

 

Norbert, Alois und Helmut Kreidl ( von links)

Eigentlich hätten sie ihr Hotel auch „Hotel Kegelbahn“ nennen können. Aber die Geschichte mit der Kegelbahn ist lange her und heute passt „Sport Vital Hotel Central“ auch viel besser. Mit einer Kegelbahn hat nämlich alles angefangen, damals vor fast 50 Jahren in Lanersbach in Tux im Zillertal, so berichtet Seniorchef Alois Kreidl an diesem Abend. „Hier wo wir sitzen, da ist sie gewesen“, erzählt er freundlich lächelnd. Wo heute gepflegte, ja elegante Gastlichkeit Zuhause ist, hatte der Schuhmachermeister, Bauer und im Winter nebenbei Skilehrer damals seine Kegelbahn eröffnet. Vorausgegangen war ein Kurs bei der Tiroler Wirtschaftskammer im Kochen und Servieren, Dauer drei Wochen. Alois Kreidl hat angefangen zu erzählen. Er hat sich zu uns an den Tisch gesetzt und wenig später sind auch die Söhne Helmut und Norbert mit dabei.

Hotel Central

Der Senior fühlt sich offensichtlich wohl zwischen den beiden, die inzwischen die Besitzer des Hotels sind und es führen –  Helmut im Haus, Norbert in der Küche. Wir haben uns nach dem Abendessen verabredet. Denn Norbert ist als Küchenchef am Abend erst nach der Arbeit in der Küche frei. Den Hotelgästen wird am Abend ein 5-Gänge- Gourmet -Abendmenü serviert, das seinem Namen alle Ehre macht – „fein und international“ sowie „sportlich und vital mit regionaler Prägung“, wie Norbert Kreidl sagt.

Wir haben es gerade genossen und waren von der unerwartet hohen Qualität überrascht und begeistert. „Verwöhnpension“ hatten wir im Prospekt gelesen, und das erwies sich als nicht zu viel versprochen. Mit viel Freude war der 81 Jahre alte Senior wiederholt während des  Abends von Tisch zu Tisch gegangen und hatte  sich nach dem Wohl seiner Gäste erkundigt. Dabei war nicht nur die obligatorische Frage: „Hat es ihnen geschmeckt“, Teil seiner Gespräche. Viele Gäste schienen ihm vertraut zu sein und die Gespräche persönlich, das Interesse echt. Herz und Seele, das hat er hier investiert, so berichtet er uns, und seine Frau Elsa, deren gutbürgerliche Küche die Einheimischen und Gäste vor 50 Jahren in die Kegelbahn führte, kommt nicht zu kurz in seinen Schilderungen.

Es ist gedeckt

Dann fällt er, der Begriff, der sich wohl mit den meisten Hotels und Gaststätten Tirols verbinden lässt: Familienbetrieb. Hier verknüpft  sich die Entwicklung des Tourismus untrennbar mit dem Einsatz der Familien, denen er Arbeit und Entwicklungschancen bietet und gleichzeitig eine ständige Herausforderung an Kreativität bedeutet.  Die Kreidls sind ein Beispiel dafür und an diesem Punkt geht es weiter mit der Geschichte des Hotel Central, die wahrscheinlich in ihrer Struktur typisch ist für viele Betriebe hier.

Ehefrau Elsa kochte. Mit geholfen hatten aber auch die Schwester Anna Hörl und Schwager Siegfried, die in Gerlos ein Gasthaus hatten. So wurden Erfahrungen weitergegeben. Das Unternehmen kam in Schwung. Die Kegelbahn erwies sich als Magnet für Einheimische und Gäste: kegeln, Kartenspielen, Küche – das waren die drei Magneten, meint Alois Kreidl. Man merkt ihm an, wie gerne er sich daran erinnert.

Der nächste Schritt war 1974 die Eröffnung des Gästehauses Central als Frühstückspension; 1988 wurde das Hotel Central mit 72 Gästebetten und dem Restaurant „Dorfstube“ eröffnet. Im selben Jahr kam auch Norbert Kreidl als Küchenchef in das Hotel zurück, nachdem er in anderen Hotels Erfahrungen gesammelt hatte, zuletzt im Sheraton in Innsbruck. Im Jahr 2004 dann übergibt Alois Kreidl das Hotel an seine Söhne.

Helmut Kreidl stellt den neuen Gästen das Team vor

Es folgt der Neubau einer großzügigen SPA Anlage, Hallenbad, drei Saunen, Ruheräume, Liegewiese, Fitness – und Gymnastikraum und einer „kleinen und feinen“ Wellnessabteilung mit Massagen und Bäderanwendungen. Im Jahr 2005 werden noch einmal 18 neue Zimmer gebaut, das Restaurant renoviert, so dass es nun nur noch den Hotelgästen zur Verfügung steht.  Erholung und Fitness, das vermitteln heute auch Yogalehrerin Monika und ebenso Heinz Peter Steiner, der als Qi Gong Lehrer täglich vor Ort ist. Weil das Kind einen Namen braucht, haben die Kreidls diesem Konzept von „Sport und Vital“ auch ein Motto mit auf den Weg gegeben „Inner Wellness, aus der Mitte leben“.

Mit großer Freude haben die Kreidls auch die schwedische Ski Nationalmannschaft in ihrem Haus empfangen, die gerade jetzt auf dem Hintertuxer Gletscher trainiert. Ihre Kleinbusse und PKW waren nicht zu übersehen und auch die Fernsehteams nicht, die in der Herbstsonne auf der Gartenterrasse  Interviews mit den Sportlern machten.

„Wie geht das so in Familie?“, frage ich schmunzelnd und neugierig. „Geht man sich nicht manchmal auf die Nerven…?“  Die „Drei vom Central“ lachen. Alles würde immer gleich ausgesprochen und angesprochen, dann sei das kein Problem.

Es ist spät geworden und Alois Kreidl macht sich auf den Weg über die Straße in seine Wohnung gegenüber. Schnee soll es geben, so sagt er, wahrscheinlich übermorgen, den ersten Schnee, jetzt Ende Oktober. Wir können uns das nicht vorstellen, denn die Sonne  hat noch Kraft. Aber er muss es wissen – und schließlich haben wir die ganz“ normalen“ Vorbereitungen auf den Winter in Lanersbach schon gesehen: Die Geranien aus den ach so üppigen Balkonkästen sind entsorgt worden, indem sie aus den Kästen auf einen geparkten LKW geworfen worden sind. Wir lachen. Es „schneite“ sozusagen Geranien in Lanersbach – und wir können uns gut vorstellen, dass der Schnee die Pracht der Geranien gut ersetzen wird den Winter über, die Sommerfreude abgelöst werden wird vom Winterspaß! Dann wird es hier so sein, wie alle es sich jetzt wünschen: weißer Winter in Tux im Zillertal.

 

 

 

 

 

 

 

Impressionen einer Bergseilfahrt im Hintertuxer Gletscherbus

Oben angekommen

Es ist eine Sackgasse in den Tiroler Bergen, aber eine Sackgasse, die schnurstracks in den Himmel führt. „Mit Gott auf Du und Du“  ist das einzige, was mir einfällt, als ich am Ende dieser Sackgasse, die Tuxertal heißt,  auf dem Hintertuxer Gletscher angekommen bin -  am Ende einer gemütlichen und doch Herzzitterfahrt   in einer Seilbahngondel von 1300 bis auf die Höhe von 3200 Metern. Kein Sturm, kein Wind, eintauchen in eine kleine Wolkenschicht unter der sich das satte Grün des Tales verliert, dann Felsen und dann über den Wolken und unter einem endlosen blauen Himmel angekommen in einem weißen Hochgebirgsparadies. Ich war noch nie auf einem so hohen Gletscher. Ist deshalb meine Begeisterung so vollkommen?

Die Bergbahnstation im Tal

Welch ein gewaltiges, welch ein beeindruckendes und ehrfürchtig stimmendes Bergerleben erschließt sich hier! Zweimal umsteigen, mit der Bergseilbahn in immer höhere und unwirtlichere Bergregionen, kein Problem. Vertrauen in diese offensichtlich perfekt umgesetzte Ingenieurskunst, das habe ich. Achtung, Respekt und Bewunderung vor den bautechnischen Leistungen der Erbauer dieser Bahnen wachsen von Meter zu Meter in mir.

Sonne auf dem Gletscher

Ich begebe mich in mein „Schicksal“ -  es sind zwei Seile, nicht nur eines, an denen die Gondel hängt. Angstgefühle werden hier nicht nur mich beschleichen, auch wenn es keiner mit Worten zum Ausdruck bringt.  Die Selbstsicheren fahren hier wahrscheinlich schon jahrelang mit ihren Skiern auf dem Rücken, dem Snowboard in der Hand nach oben, um die Abfahrt im Sommer wie Winter sicheren Schnee zu genießen – steil und schön, schnell und schnittig.

Ich dagegen, noch nie Ski gefahren, aber dafür diese Kunst bewundernd, stehe hier einfach nur sprachlos und staunend und schaue mich um. Diese Natur ist ein Kleinod, ein wahrhaft göttliches Geschenk. Wie weit lässt sich das bewahren? Himmelstürmen bei gleichzeitigem Einleben und Einfühlen in diese gewaltigen Sackgassen der Bergwelt, die man Täler nennt – dieses Gefühl werde ich während meines gesamten Aufenthaltes im Tuxertal nicht los. Auf eine besondere Weise Himmelsstürmer müssen sie sein, diese Tiroler – und ihre Gäste –  denke ich mir. Himmelsstürmer mit ihrer Liebe zu den Bergen, von der ich immer wieder höre und die ich ihnen glaube, Wort für Wort.

http://www.hintertuxergletscher.at/fr/service/sommer-bergbahnen.html

http://www.hintertuxergletscher.at/de/home.html

http://www.bergfex.com/hintertux/

http://www.schneehoehen.de/skigebiete/webcams/hintertuxer-gletscher